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Produktion Zeitgenössischer Musik mit dem Orchester Ensemble Modern

Es tut sich etwas im Osthafenviertel Frankfurt. Eine Kooperation der besonderen Art konnte ins Leben gerufen werden. Zukünftig haben Studenten des Abbey Road Institutes die Gelegenheit, Aufnahmen mit dem renommierten Orchester Ensemble Modern durchzuführen. Musiker des weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannten und Grammy nominierte Orchesters für zeitgenössische Musik präsentierten bereits in zwei Aufnahme-Sessions ihren einzigartigen Klangkörper im großen Aufnahmeraum des Abbey Road Institutes Frankfurt.

Auf den Spuren von Frank Zappa

Zum Curriculum des Abbey Road Institutes gehört unter anderem das Thema „Lernen aus der Historie“. Blicken wir zurück in das Jahr 1993. Der Ausnahme-Musiker Frank Zappa veröffentlichte kurz vor seinem Tod das Album „Yellow Shark“. Die grenzüberschreitende Komposition wurde damals von etlichen, internationalen Orchestern als unspielbar eingestuft und abgelehnt. „Doch wir fanden es spannend, sind nach Los Angeles geflogen und haben das Werk mit Zappa eingespielt“, erinnert sich Rainer Römer, Schlagzeuger und Gründungsmitglied des „Ensemble Modern“ im Gespräch mit Instituts-Leiter Ulli Schiller.

„The Yellow Shark“ ist ein Album mit Orchestermusik des amerikanischen Musikers Frank Zappa. Es wurde im November 1993 veröffentlicht und war das letzte Werk kurz vor seinem Tod. Es enthält Live-Aufnahmen des Ensemble Modern aus dem Jahr 1992. Zappa beschreibt „The Yellow Shark“ als eines der erfüllensten Projekte seiner Karriere mit der besten Darstellung seiner Orchesterwerke. – link

Nur wenige Schritte vom Abbey Road Institute entfernt befindet sich das Domizil des „Ensemble Modern“ (EM) sowie die „Internationale Ensemble Modern Akademie“. So lag es auf der Hand, mit den Nachbarn direkt in Kontakt zu treten. Bereits beim ersten Treffen zwischen EM-Geschäftsführer Christian Fausch, EM-Gründungsmitglied Rainer Römer sowie Abbey Road Institute Leiter Ulli Schiller wurde der Grundstein für eine Kooperation gelegt. An spontanen Ideen für zukünftige Produktionen mangelte es dabei nicht. Somit vergingen nur wenige Wochen bis zum Startschuss des ersten gemeinsamen Projekts.

Auf dem Plan standen zunächst Aufnahmen für das Solo-Album des EM-Bassisten Paul Cannon. Er wurde musikalisch unterstützt von Eva Böcker (EM-Cellistin), David Haller (EM-Drummer) und Rainer Römer (EM-Drummer). Als Herr über der Partitur und somit Kritiker der Künstler kam aus Köln Tonmeister Wolfgang Ellers zum Einsatz. „Für unsere Studenten waren diese Sessions mehr als ein Hören über den Tellerrand hinaus“, betont Ulli Schiller. „So konnten sie in der Studiopraxis erfahren, wie Komposition, Arrangement, Interpretation gepaart mit einer gezielten Mikrofonauswahl und Positionierung ein ganz besonderes Klangerlebnis hervorrufen.“

Paul Cannon (Bassist), David Haller (Schlagzeuger), Eva Böcker (Cellistin), Rainer Römer (Schlagzeuger)

Mikrofontechnik zum Anfassen

Tonmeister Wolfgang Ellers konnte bei der Auswahl der Mikrofone aus dem üppigen Bestand des Abbey Road Institutes schöpfen. Dabei erklärte er den Studenten ausführlich, warum er welches Mikrofon an welche Position aufstellte. Aber es blieb auch viel Gelegenheit zu experimentieren. Besonders spannend gestalteten sich dabei die Vergleiche verschiedener Stereomikrofonverfahren mit unterschiedlichen Wandlern. Zum Verglichen wurde u. a. als Hauptmikrofon das historische Koinzidenzmikrofon SM69 der Firma Neumann in MS-Technik mit einer großen AB-Konfiguration, bestehend aus zwei Neumann KM53 Kleinmembran Kugelmikrofonen. Beide Mikrofontypen arbeiten mit der legendären Telefunken Miniatur-Röhre AC701.

Neben Aufbau und Verkabelung der zahlreichen Mikrofone hatten die Studenten die Aufgabe, den Anforderungen des Tonmeisters gerecht zu werden. Dazu zählten das Erstellen eines Mic-Line-Planes, das Einrichten des analogen SSL-Mischpultes und der ProTools Session. Eine rege Diskussion hinsichtlich einer praktikablen Lösung unter den Studenten entfachte, als Tonmeister Wolfgang Ellers den Wunsch äußerte, die MS-Signale des Koinzidenzmikrofons so aufzunehmen, dass die Dematrizierung im ProTools stattfindet, gleichzeitig jedoch das Stereosignal Off-Tape zur Kontrolle über das analoge Pult hörbar sei.

Tonmeister Wolfgang Ellers mit Studenten beim Aufbau der Mikrofone

Der Tonmeister bei der Arbeit mit ensemble modern

Besonders beeindruckt waren die Studenten vom äußerst konzentrierten Hören des Tonmeisters während der Einspielungen bei gleichzeitigem Mitlesen der Partitur. Neben aller modernen Digitaltechnik waren die wichtigsten Werkzeuge Papier, Bleistift und Radiergummi. Damit wurde reichlich dokumentiert, notiert und korrigiert. Nach jedem Take wurde via Talk-Back kritisiert, mit den Künstlern diskutiert und notwendige Entscheidungen getroffen.

Tonmeister Wolfgang Ellers mit Studenten bei der musikalischen Arbeit

„Bis zum Jahresende sind für unsere Studenten noch zwei Sessions mit Tonmeister Wolfgang Ellers, Bassist Paul Canon und dem Ensemble Modern geplant. Darauf freuen wir uns sehr“, so Ulli Schiller, Leiter des Abbey Road Institutes Frankfurt, zu den weiteren Aktivitäten dieser spannenden Kooperation.

Autor: Ulli Schiller