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Roger Cicero war mein Einstieg in die professionelle Tontechnik

„Stets nach links und rechts schauen, von anderen lernen und offen für verschiedenste musikalische Richtungen sein!“ Das rät Recording und Mixing Engineer Waldemar Vogel, der u.a. mit Max Giesinger, Roger Cicero, Jupiter Jones und Chilly Gonzales gearbeitet hat, jungen Menschen, die eine Karriere in der Audiobranche anstreben. Wie hat er selbst es geschafft? Was ist nach seiner Meinung das Wichtigste an einer Musikproduktion? Wie bereitet man sich darauf vor? Und: was hat Roger Cicero damit zu tun? Diese und andere Fragen beantwortete Waldemar Vogel im Anschluss an seinen Vocal Recording Workshop am Abbey Road Institute Frankfurt. 

Was wolltest Du den Teilnehmern des Vocal Recording Workshops vermitteln?

Den Workshop habe ich gemeinsam mit dem Vocal Coach Ronny Lang gehalten. Wir wollten bewusst machen, dass es beim Vocal Recording stets um zwei ineinandergreifende Bereiche geht: zum einen den technischen Part, also die Auswahl und das richtige Aufstellen der Mikrofone, gefolgt vom Recording, Editieren, Mixing und dem Nachmischen – das war eher mein Part. Zum anderen das Vocal Coaching, also das Arbeiten mit dem Vokalisten im Studio. Ronny ist sehr erfahren, arbeitet seit vielen Jahren als Gesangslehrer und Vocal Coach und hat einen sehr am Menschen orientierten Ansatz. Eine solche Zusammenarbeit ist natürlich ideal, denn es geht vor allem um eine gute Performance des Sängers oder der Sängerin. Der Techniker sollte so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig machen.

Anhand einer von Abbey Road Institute Schulleiter Ulli Schiller gemeinsam mit Studenten eingespielten Version des Rock-Klassikers „While my guitar gently weeps“ und der ebenfalls hier studierenden Sängerin Michelle Williams, deren Vocals wir dazu aufgenommen haben, konnten wir diese Zusammenarbeit sehr gut und praktisch zeigen. Das hat allen viel Spaß gemacht.

Wie verlief Dein Einstieg in die Audiobranche?

Tatsächlich recht klassisch. Ursprünglich wollte ich eigentlich nur Beats basteln und cool im Studio rumhängen. Dann habe ich eine Ausbildung zum Audio Engineer gemacht. Während dieser Ausbildung bin ich mit vielen anderen Musikbegeisterten zusammengetroffen und habe viele andere Stile und Ansätze kennengelernt. Das hat mich sehr positiv beeinflusst. Anschließend habe ich Praktika in verschiedenen Studios gemacht, arbeitete schließlich als Assistent, lernte dazu und konnte mehr und mehr eigene Aufgaben übernehmen. So bekam ich bessere Credits und nach und nach mehr Aufträge. Unter anderem war ich mehrere Jahre im Loft Studio Cologne, welches sehr bekannt für seine Jazz-Produktionen ist. Das hat mich maßgeblich geprägt. Letztlich bin ich über Jazz und Rock beim Pop gelandet.

Du hast auch ein Album von Roger Cicero aufgenommen?

Ja, das ist meine ganz persönliche Lieblingsproduktion. Mit seinem Album „Was immer auch kommt“ bin ich quasi in die Profiliga der Tontechniker aufgestiegen (lacht). Ursprünglich war ich dafür nur als Assistent gebucht. Das vor allem aufgrund meiner Arbeit im Loft Studio. Doch bereits am zweiten Tag stand der Produzent Kiko Masbaum vor mir und sagte: „Waldemar, ich sehe, Du kannst das. Dann mach es jetzt so, wie Du es für richtig hältst.“ So habe ich letztlich das gesamte Album eigenverantwortlich aufgenommen. Eine Wahnsinns-Chance. Roger Cicero war ein Ausnahmekünstler und ein toller Mensch, auch deshalb ist mir diese Arbeit so wichtig. Mit Kiko Masbaum, der u.a. Unheilig produziert hat und Max Giesinger mischt, arbeite ich seitdem sehr oft zusammen.

Wie gehst Du an eine Musikproduktion heran und was ist Deiner Meinung nach das Wichtigste?

Entscheidend sind die Projektplanung und gutes Personal. Ich setzte mich immer im Vorfeld mit den Künstlern zusammen und wir entwickeln einen Fahrplan. Ich sehe mich als Dienstleister. Erst mal muss ich herauszufinden, wo der Künstler/die Band hinwill, die jeweilige ID erkennen und ein gemeinsames Ziel für die Produktion festlegen. Dann benötigt es gutes Personal, sprich gute Songwriter, Musiker und Techniker mit entsprechender Erfahrung. Denn je mehr während des Recordings gut läuft, desto leichter wird die Nachbearbeitung. Was schlecht gelaufen ist, lässt sich im Nachhinein nur bedingt richten.

Was rätst Du jungen Menschen, die in die Audiobranche einsteigen möchten?

Sie sollten vor allem offen sein und nach links und rechts gucken. Immer mit anderen Musikern zusammenarbeiten, von anderen lernen und sich nicht nur an der eigenen Lieblingsmusik festbeißen.

Wenn ich an mich denke und daran, dass ich ursprünglich nur Beats machen wollte, bin ich froh, dass ich mit so vielen anderen Stilrichtungen konfrontiert wurde und mich da auch geöffnet habe. Das hat mir ganz andere und vor allem viel mehr Wege eröffnet. Und egal, was Du machst, das fachliche Know How ist wichtig. Sein Handwerkszeug muss ein Sound Engineer einfach sehr gut beherrschen. Schließlich wird man aufgrund seines Könnens gebucht. Deshalb ist eine fundierte Ausbildung auch sehr sinnvoll. Drittens ist die menschliche Komponente, der respektvolle Umgang miteinander, von immenser Bedeutung. Wie positiv sich eine gute Kommunikation auf das Ergebnis auswirkt, wurde auch heute während des Vocal Recording Workshops deutlich. Man sollte immer auf ein gutes Ergebnis hinarbeiten, sich dabei an Gefühlen orientieren und nicht primär an den technischen Möglichkeiten. Diese sind nur Mittel zum Zweck. Es ist super, dass Eure Studentinnen und Studenten hier am Abbey Road Institute die Möglichkeit dieser praktischen Erfahrungen haben.

Text: Susi Schiller

Ein Interview mit dem Vocal Coach Ronny Lang folgt in Kürze.

Live-Video vom Vocal Recording Workshop auf Facebook/Sound&Recording, Beitrag vom 11. August 2018

Kontakt Waldemar Vogel: www.facebook.com/waldemarvogelmusic