Tonmeister, DJ, Head Coach am Abbey Road Institute Berlin
Einen besseren Head Coach hätte das Abbey Road Institute Berlin kaum finden können. Stefan Weiser hat ein Studium zum Tonmeister absolviert, außerdem Pädagogik, Jazz Piano und Drum-Set mit dem Schwerpunkt Musiktheorie und Komposition studiert. Er war u.a. als Co-Produzent von Sascha Weisz (DJ Megablast), als Assistent von Daniel Wehr in LA und als freier Komponist für Künstler wie Defex, Milou, Telekollegen, LuvLite und DAWA in Berlin, Wien und Ibiza tätig. Doch was ist das eigentlich für ein Typ, der bei den Studenten in Berlin so gut ankommt?
Wer einmal den berühmten Wiener Schmäh in Reinkultur erleben möchte, der sollte das Abbey Road Institute in Berlin besuchen! Denn dort versprüht er ihn. Stefan Weiser ist nicht nur studierter Tonmeister (Universität für Musik in Wien), Pädagoge (Josef-Hauer-Konservatorium Wr. Neustadt bei Wien) mit Hang zum Jazz-Piano, sondern vor allem ein cooler Typ. Als ich ihn zum ersten Mal sah, saß er hinter einem Drum-Set und spielte mit vollem Körpereinsatz und der entsprechenden Mimik professionelle Heavy-Metal-Grooves. Ich dachte nur „Was ein verrückter Typ“. Was folgte, war eine höfliche Begrüßung im Wiener Slang und die Vorstellung seiner Person: „Hallo Servus, wir ham uns no ned kennen g’lern. Ich bin der Stefan Weiser aus Berlin, aber eigentlich aus Wien.“ „Oh, nett ist er auch noch“, dachte ich mir. Und genau diese Mischung aus Professionalität und Freundlichkeit ist es, was ihn bei den Studenten so beliebt macht.
Fachdozent für Sound Theory, Acoustics, Decibels, Metering, Synthesis, Sampling, Ableton und Logic
„Mir ist es wichtig, die Studenten zu fordern und zu fördern“, beschreibt Stefan Weiser den Anspruch an seine Arbeit. Diese besteht nicht nur darin, die zukünftigen Musikproduzenten und Sound Engineers in Sound Theory, Acoustics, Decibels, Metering, Synthesis, Sampling, Ableton Live und Logic Pro X zu unterrichten, er will ihnen auch die nötigen Soft Skills vermitteln, auf die es in der Branche ankommt. „Mir sind in der täglichen Arbeit Etikette und gewissenhaftes Arbeiten wichtig. Das bedeutet, dass beispielsweise auch solch vermeintliche Nebentätigkeiten wie das Aufrollen der Kabel ordentlich gemacht werden müssen. Ebenso müssen die jungen Menschen die Studio-Etikette verstehen, dass man (nicht nur im Studiobetrieb) höflich miteinander umgeht, lernbereit und vor allem, wenn man in der Branche anfängt, sich für keinen Handgriff zu schade ist. Wer glaubt, gleich als Star-Engineer anfangen zu können, ist hier falsch.“
Als Head Coach Haupt-Ansprechpartner für die Studenten
Seinen Job als Head Coach sieht Stefan Weiser weniger als Beruf denn als Berufung. Die Arbeit macht ihm mächtig Spaß. Er überwacht die korrekte Einhaltung des Lehrplans, organisiert die Dozenten und ist Ansprechpartner für die unterschiedlichsten Belange und Fragen der Studenten. Das ist sehr abwechslungsreich, geht von Tipps zu Equipment, über die Beantwortung offener Fragen aus den Unterrichten bis hin zu der ein oder anderen psychologischen Betreuung. Vor allem aber steht die Praxisbetreuung im Vordergrund. „Unsere Ausbildung ist ja extrem praxisorientiert, das bedeutet, dass die Studenten alles, was sie in ihren theoretischen Unterrichtseinheiten lernen, sofort durch Übungen und eigene Musikprojekte in die Praxis umsetzten.
Innovatives Lernkonzept Progressive Continuous Learning (PCL)
„Wir arbeiten hier nach dem Prinzip des Progressive Continuous Learning (PCL). Das bedeutet, ein Themengebiet wird in einer Woche von verschiedenen Seiten in verschiedenen Unterrichtsfächern betrachtet und erarbeitet. Unsere Dozenten sind eng miteinander vernetzt und nehmen dadurch in den Unterrichtseinheiten und -fächern aufeinander Bezug. So beginnen wir in den ersten beiden Monaten die Woche montags jeweils mit dem historischen Blick auf eine andere Dekade der Aufnahmegeschichte der Abbey Road Studios. Dabei werden Aufnahme- und Instrumentierungstechniken genauso wie Künstler und Produzenten im Überblick beleuchtet. Die genauere Betrachtung folgt dann beispielsweise in der zweiten Unterrichtswoche am Dienstag mit Klangtheorie und am Mittwoch mit der elektroakustischen Gerätekunde: Equalizer. Das in den ersten drei Tagen dieser Woche gesammelte Wissen wird dann am Donnerstag im ProTools-Unterricht in einer Mixing-Übung zusammengeführt. Da sich die historische Betrachtung in dieser zweiten Woche auf das Jahr 1940 bezieht, sind dementsprechend alle Übungen natürlich in Mono. Was die Erledigung der Aufgaben angeht, bin ich schon sehr penibel. Ich helfe, aber machen müssen die Studenten selbst. Schließlich sollen sie ja so viel praktisches Können erlernen wie möglich. Das geht nur, wenn sie auch viel üben und hart an sich arbeiten.“
Tonmeister, Pädagoge, Head Coach am Abbey Road Institute Berlin
Professionelle Tonstudios mit analoger und digitaler Technik
So düst Stefan Weiser dann auch regelmäßig von einem Tonstudio des Institutes ins nächste. Insgesamt sind es drei Studios. Im (analogen) Studio One befindet sich eine API 1608 32 channel, im (digitalen) Studio Two ein Avid S6 desk, im (Synthesizer-) Studio Three wurde die Workstation mit Instrumenten und Controllern der Hersteller Novation, Roland, Moog, Roli und Ableton und im Studio Four (Writing-Suite) eine Production Booth mit iMac 27”, 8-Kanal Focusrite A/D-D/A Wandler, 88-Tasten Keyboard und PMC-Lautsprechern. Dazu verfügen die Studios One und Two jeweils über einen eigenen Aufnahmeraum. Überall wird verkabelt, werden Mikrofone getestet, Musik gemacht, aufgenommen und gemischt. „Da muss man schon flexibel sein und schnell von einem Thema zum anderen umschalten können,“ grinst er. Wenn mal ein Schlagzeuger oder ein Pianist für eine Recording Session gebraucht wird, übernimmt er auch diesen Job gerne. „Unsere Studenten müssen ja in der zwölfmonatigen Ausbildung vier eigene musikalische Projekte abgeben. Wer mehr machen möchte, hat natürlich die Gelegenheit dazu, aber diese vier sind Pflicht. Welche Stilrichtung, also ob Rock, Pop, HipHop oder Klassik ist egal. Wichtig ist, dass sie bestimmte Recording- und Mixing-Techniken und Tools einsetzen, die sie bis dahin beherrschen müssen. Das Schreiben von Produktions- und Equipment-Plänen gehört übrigens auch dazu.
Vier eigene praktische Musikprojekte sind Bestandteil der Ausbildung
„Wir haben einen sehr starken Focus auf Musik. Das unterscheidet uns von vielen anderen Ausbildungsinstituten, die vor allem auf die reine Tontechnik fokussiert sind. Wer bei uns lernen will, muss selbst Musik machen und ein Instrument spielen können,“ betont Multiinstrumentalist Stefan Weiser. So sind die Musikprojekte auch Bestandteil der Prüfungen, die nach jedem der drei Terms zu absolvieren sind. Sie werden ebenso wie die theoretischen Aufgaben benotet. „Abbey Road Institutes gibt es aktuell in London, Paris, Amsterdam, Berlin, Frankfurt und Melbourne. Die Anforderungen sind weltweit identisch und die Ergebnisse werden stichprobenartig vom Londoner Headquarter des Abbey Road Institutes gegengeprüft. Dabei dürfen die Benotungen nicht mehr als fünf Prozent von denen der jeweiligen Schulen abweichen. So wird sichergestellt, dass alle, die das Institute mit dem „Advanced Diploma in Music Production and Sound Engineering“ verlassen, den von der Industrie erwarteten hohen Standard in Bezug auf die Musikproduktionstechnik und alles, was dazu gehört, haben. Der Name Abbey Road verpflichtet uns natürlich, diese hohe Qualität in unserer Ausbildung zu bieten.“
Am Lehrplan haben Engineers des Abbey Road Studios London mitgearbeitet
„Unsere Schule ist schon etwas ganz Besonderes. Der Lehrplan wurde von Toningenieuren, Profis aus der Musikindustrie, Bildungsexperten und natürlich Sound Engineers aus den Londoner Abbey Road Studios entwickelt und greift auf das immense Wissen aus der über 85jährigen Geschichte der Studios zurück. Themenschwerpunkte sind Musiktheorie und Produktion, Sound-Engineering und Akustik sowie Management und Musik-Business. Die Dozenten kommen wie ich alle aus der Praxis und vermitteln neben dem Fachwissen ihre Erfahrungen aus der professionellen Musikbranche. Auch holen wir immer wieder Fachleute – oftmals international bekannte Engineers – aus der Musikbranche ins Haus, die bei uns Master Classes anbieten. Vor allem aber können unsere Studenten ihre praktischen Fähigkeiten in vier professionellen Studios mit State-Of-The-Art-Technik trainieren. Das gibt es so meines Wissens sonst nirgends.“
Diplomübergabe in den Londoner Abbey Road Studios
Ist die zwölfmonatige Vollzeitausbildung erfolgreich abgeschlossen, wartet auf die Absolventinnen und Absolventen noch ein besonderes Highlight. Dann treffen sich alle zur Diplomübergabe in den Abbey Road Studios London, genauer im ehrwürdigen Studio 2, in dem u.a. die Beatles und Pink Floyd Alben produzieret haben. Bei der anschließenden Party haben sich schon so manche Freundschaften zwischen Deutschen, Briten, Franzosen, Niederländern und Australiern gebildet. „Das ist jedes Jahr wieder aufs Neue überwältigend“, schwärmt Stefan Weiser. „Außerdem nehmen unsere Absolventen dort an einem eintägigen Praxisworkshop unter Anleitung eines erfahrenen Abbey Road Engineers teil.“ Und auch hier ist Head Coach Stefan der gute Kumpel, der da ist, wenn er gerufen wird. So wie beim Workshop vergangenen Oktober, bei dem ein Song des Berliner Absolventen Yannick Sahlmen produziert wurde (Yannicks Bericht über dieses besondere Erlebnis steht übrigens auch auf diesem Blog). Es wurde ein Chor gebraucht und Stefan war natürlich dabei.
Chorsänger Stefan Weiser im Abbey Road Studio London
Instituts-Chor gegründet
Was macht Stefan Weiser eigentlich, wenn er nicht als Head Coach am Abbey Road Institute zugange ist? Ganz einfach: der ehemals als Gospel-Pianist aktive Wahl-Berliner gründet einen Instituts-Chor. Weil er Spaß daran hat und weil „die Schülerinnen und Schüler durch diese Chorarbeit eine Menge über Gehörtraining, Komposition usw. dazulernen. Nebenbei netzwerken sie, das ist mir auch sehr wichtig.“ Und wenn er doch mal richtig frei hat, spielt er gerne Badminton, kocht hervorragende Wiener Schnitzel und ist unter seinem Künstlernamen Seelenwald als Musiker und elektronischer Live-Act unterwegs.
Eben ein echt cooler Typ!
Infos zu den Ausbildungsinhalten am Abbey Road Institute findet Ihr hier.
Text: Susi Schiller
Cover Photo: Anne Bonkowski